Digitales BDSM - Fluch und Segen

 Was meine ich mit digitales BDSM? Immerhin schreibe ich einen Blog. Nutze also auch diese Welt.

Ja, das Internet ist ein Segen. Es ermöglicht uns, Menschen kennenzulernen, die wir sonst nie kennengelernt hätten. Es verschafft uns Zugang zu Wissen, umfänglicher als es jede Bibliothek damals, in der Zeit vor dem Internet, gekonnt hätte. Aber es ist auch ein Fluch.

Auch im Bereich BDSM.
Wenn ich zurückblicke, und an die Anfangszeiten mich erinnere... die im Internet... dann waren die Foren, die ich von damals kannte, kleine Gemeinden. Gemeinden, in denen man zusammenhielt. In denen unterschiedliche Meinungen über unterschiedliche Ausprägungen aufeinander trafen. Und dennoch einte alle das Forum. Klar, es gab auch damals schon "Grabenkämpfe".... aber diese wurden dann per PN und Telefonaten beigelegt. Und man lernte den anderen Menschen kennen. 

"So ist es heute auch noch" höre ich bereits die ersten Zwischenrufe. 
Nein, werte Zwischenrufer, so wie damals ist es eben nicht mehr. Es gibt immer mehr Off-Topic Bereiche, in denen die User in solchen Foren schreiben. 
Diese OT Bereiche, und das kann ich sogar verstehen, dienen dazu, dass man auch die Bereiche eines anderen sehen kann, die nichts mit BDSM zu tun haben. Um den anderen besser kennenzulernen.

Aber ist dem wirklich so? Lerne ich den anderen wirklich besser kennen, oder nur das, was er mir "präsentieren" möchte?
Unterliege ich nicht vielleicht sogar der irrigen Annahme, dadurch einen Menschen besser zu kennen und zu "wissen (!)" was das für ein Mensch ist?
Denke ich nicht dann oftmals auch, dass ich mich mit dem Menschen gar nicht näher befassen muss, weil ich ja eh weiß wie er tickt? Oder brauche nicht mehr zu schreiben und zu fragen "wie geht es dir", weil ich es ja eh lesen kann?

Ich will mich dabei gar nicht ausnehmen. Auch mir passiert das. Aber ist das in Ordnung? Ist es das, was ich eigentlich will? Ex und hopp?
Ich merke, wie ich derzeit Freundschaften und Bekanntschaften schleifen lasse. Nicht, weil mir die Menschen nichts mehr bedeuten würden. Im Gegenteil. Sie sind mir immer noch sehr, sehr kostbar und ich könnte mich jeden Tag in den Arsch treten, an denen ich es weiter schleifen lasse. Exemplarisch seien hier nur drei Personen aufgeführt, die mehr Aufmerksamkeit verdient hätten, einfach weil sie tolle Menschen sind: Tina, Moon-Beast und yasmine. Nicht zu vergessen die Katze. Also exemplarisch vier.
Es tut mir wirklich aufrichtig leid, dass ich zur Zeit so wenig Zeit finde, den Kontakt zu euch und allen anderen zu halten. 

Aber warum sind mir diese Menschen ans Herz gewachsen? Weil ich den Kontakt zu Ihnen außerhalb eines Forums gesucht habe. Ich fand ihre Beiträge oder Profile interessant, teilweise sogar konträr zu meiner Meinung, und habe mich deshalb mit diesen Menschen auseinandergesetzt. Und habe, für mich, sehr wertvolle Menschen gefunden.

Worauf will ich hinaus? 
Wer mich in Foren liest, hat oftmals ein Problem mit mir. Ich neige dazu, Sarkasmus zu verwenden. Vertrete auch oftmals andere Meinungen. Bin nicht so "wischi-waschi" weichgespült, sondern spreche auch schon mal Dinge direkt an.
Damit ecke ich oft an. Weil ich nicht main-stream bin. Nicht versuche immer und überall die Menschen zu pampern und auch nicht versuche BDSM immer wieder zu relativieren durch hinzugefügte Aussagen, wie: "Selbstverständlich passiert das alles im gegenseitigen Einverständnis" (warum sollte ich es schreiben, wenn es selbstverständlich ist) oder  "Danach begegnen wir uns wieder auf Augenhöhe und sind absolut gleichberechtigt" (ist bei mir nicht der Fall. Aber wohl mittlerweile main-stream und erwünscht).

Ich versuche, mit meinen Aussagen, die auch schon mal provozierend sind, einfach die Leute aus ihrer (teilweise) Wohlfühloase zu holen und sie dazu zu bewegen, sich selbst und ihr Handeln zu reflektieren und darüber nachzudenken. Ich versuche ihnen nicht, die Fische zu liefern, sondern bringe ihnen lieber das Angeln bei,

Ja, ich weiß, viele haben deshalb ein Problem mit mir und denken, sie würden mich kennen. Wissen, wie ich bin: Narzistisch, egoistisch, Besserwisser und Rechthaber und noch dazu jemand, der gerne Unruhe stiftet und seinen Spaß daran hat, andere runterzumachen.
Um so überraschender für die, die sich wirklich die Zeit nehmen, mich kennenzulernen. Narzistisch? Nicht mehr als jeder andere auch. Egoistisch? Nein, ich würde mein letztes Hemd für meine Freunde geben. Und teilweise auch für Fremde, wenn ich sehe, wie dreckig es denen gibt, Ich habe zum Beispiel einmal einem Menschen, in einer Zeit als ich von weniger als Hartz4 gelebt habe, den Kühlschrank voll gemacht, weil diese Person noch weniger hatte als ich. Dafür habe ich dann gerne den Rest des Monats mich von Reis und Nudeln mit Ketchup ernährt. Kannte ich diese Person? Ja, und zwar genau 4 Stunden lang. 3 Stunden hatten wir gequatscht, damals in einem Forum. Und eine Stunde, nachdem ich den Kühlschrank aufgefüllt hatte. Danach verlief der Kontakt im Sande und ich habe es trotzdem nie bereut, das getan zu haben: Zu helfen.
Besserwisser und Rechthaber? Mhmm... ja, vielleicht ein bißchen. Ich versuche für meine Meinung einzustehen und verteidige sie. Allerdings bin ich auch immer bereit meine Meinung zu revidieren, wenn der andere mich überzeugen konnte oder einfach Recht hat.
Unruhestifter? Ein bißchen. Wenn alle der Meinung sieht, es wäre bestens und alles wäre superduper toll kommt Onkel Wabi an und fängt an, Dinge zu hinterfragen. Nicht aus Bosheit oder weil ich Spaß daran habe, andere Menschen runterzumachen. Sondern einfach, weil ich denke, wenn alle der gleichen Meinung sind, läuft irgendwas verkehrt. Dann lege ich den Finger in Wunden, damit kein Stillstand herrscht.

Mache ich mir damit oftmals keine Freunde? Ja, das stimmt. Aber wer sich die Mühe macht, und versucht den Menschen kennenzulernen, wird die anderen Seiten an mir sehen. So wie ich auch immer versuche die anderen Seite bei den Menschen zu sehen,

Also, geht (virtuell) raus und lernt die Menschen kennen. Schreibt sie direkt an und denkt nicht, ihr würdet sie kennen, nur weil ihr ihre Beiträge aus dem Off-Topic Bereich kennt.

Herzlichst

Onkel Wabi

P.S.: Ein BDSM Forum ist dann ein BDSM Forum, wenn der Großteil sich im BDSM Bereich bewegt und man sich ab und zu über andere Themen austauschen kann und nicht umgekehrt. Ansonsten ist es ein Freizeitforum, bei dem man sich auch ab und zu über BDSM austauschen kann.
Und bei der Meinung bleibe ich *grins*.
Und jetzt steinigt mich. *ggg*


Kommentare

  1. Danke für den tollen Beitrag, lieber Wabi.
    So wie du bist, bist du genau richtig.
    Respektvoll, reflektiert und immer auf dem Punkt.
    Freue mich auf weiteren Input von dir.
    yasmine

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